Geringes Eigenkapital: Hohe Zinsaufschläge bei Finanzierungen vermeiden
Haben Kreditnehmer wenig Eigenkapital für das geplante Finanzierungsvolumen zur Verfügung, verlangen die meisten Banken hohe Zinsaufschläge bei Baufinanzierungen. Stiftung Warentest hat durch einen Angebotsvergleich sehr kräftige Zinsaufschläge ermittelt. Häufig lassen sich die Zinsaufschläge jedoch durch eine geschickte Vorgehensweise und Verhandlungsführung reduzieren oder vermeiden.
Stiftung Warentest ermittelt kräftige Zinsaufschläge
Stiftung Warentest hat kräftige Zinsaufschläge ermittelt. Bei einzelnen Kreditangeboten betrug der Zinsaufschlag 0,83 % als der Kreditbedarf von 80 auf 90 Prozent der Kaufsumme anstieg. In diesem Fall muss der Kunde innerhalb von 10 Jahren rund 19.000 Euro mehr Zinsen für seinen Kredit bezahlen. (Quelle: Stiftung Warentest "Hohe Zinsaufschläge" - Finanztest Nr. 2/2016).
Warum verrechnen Banken Zinsaufschläge
Banken kalkulieren Darlehen nach bestimmten Regeln. Dabei spielen Bearbeitungskosten, Betriebskosten, Gewinnbedarf, Kapitalkosten und die Risikokosten eine Rolle. Ganz besonders geht die Verlusterwartung (Risikokosten) bei der Angebotserstellung in die Zinskalkulation ein. Benötigt ein Kunde im Verhältnis zur Kaufsumme einer Immobilie hohe Kredite, steigt für die Bank das Risiko eines Kreditausfalles. Das Verhältnis Kreditsumme zum Kaufpreis wird als Beleihungsauslauf bezeichnet. Bei hohen Beleihungsausläufen kalkulieren Banken das Verlustrisiko und ermitteln daraus die Risikokosten. Die Risikokosten werden dem Kreditnehmer in Rechnung gestellt, was durch Zinsaufschläge zu höheren Kreditzinsen führt.
Topzinsen erhalten Kunden, wenn die benötigte Kredithöhe nur 54 % des Kaufpreises beträgt (1a-Kredite, Realkredite). Steigt die Kredithöhe auf 72 % des Kaufpreises einer Immobilie an, müssen Kreditkunden höhere Zinsen bezahlen. Bei allen Krediten die über 72 % des Kaufpreises liegen, steigen die Risikokosten für die Banken kräftig an. In diesen Fällen werden hohe Zinsaufschläge kalkuliert.
Tipps zur Vermeidung von hohen Zinsaufschlägen
Die nachfolgenden Tipps zeigen Ihnen, wie Sie hohe Zinsaufschläge vermeiden oder reduzieren können.
- Tipp 1: Das Eigenkapital soll mindestens die Kaufnebenkosten decken
Banken fordern bei Finanzierungen häufig mindestens ein Eigenkapital in Höhe der Kaufnebenkosten (Maklerkosten, Notarkosten, Grundbuchkosten und Grunderwerbsteuer etc.). Können Kunden diese Kaufnebenkosten nicht durch Eigenkapital abdecken, hagelt es von vielen Banken eine Kreditabsage. Einige Banken vergeben auch Kredite bei so genannten Vollfinanzierungen, aber nur wenn bestimmte positive Umstände (z. B. sichere Geldeingänge in der Zukunft, weitere Sicherheiten, extrem gute Bonität der Kreditnehmer etc.) zutreffen. - Tipp 2: Argumentieren Sie mit hohen Tilgungen
Bei einer knappen Eigenkapitalsituation können Sie gegenüber den Banken mit hohen laufenden Tilgungen bzw. geplanten Sondertilgungen punkten. Argumentieren Sie gegenüber der Bank, dass nach einigen Jahren die Kredite durch die von Ihnen geplanten Tilgungen massiv zurückgeführt werden. Damit ist abzusehen, dass sich das Verhältnis Kreditsumme zur Kaufsumme in absehbarer Zeit positiv entwickeln wird und die Bank nur für einige wenige Jahre die hohen Risiken tragen muss. Die Bank „wächst“ in einen guten Beleihungsauslauf rein. - Tipp 3: Prüfen Sie Eigenkapitalreserven
Häufig haben Kreditnehmer Vermögenswerte, die zwar nicht frei verfügbar sind, aber durchaus als Eigenkapitalreserven zu bewerten sind. Ein typisches Beispiel: Rückkaufswerte einer Kapitallebensversicherung. Die Kapitallebensversicherung kann evtl. als zusätzliche Sicherheit dienen und damit beliehen werden. Die Police muss dabei nicht aufgelöst werden. Nach Rückzahlung des Kredites steht die Police dem Versicherungsnehmer wieder vollständig zur Verfügung. Auch Riester-Verträge können für den Erwerb von Wohneigentum verwendet werden und stärken damit die Eigenkapitalbasis. Evtl. können auch die Eltern eine zusätzliche Sicherheit zur Verfügung stellen. - Tipp 4: Nachrangdarlehen können helfen
Im Grunde ist ein Nachrangdarlehen ein Immobilienkredit, der im Fall einer Insolvenz des Kreditnehmers, schlechte Karten hinsichtlich einer Rückzahlung besitzt. Denn aus dem Erlös der Immobilie werden zuerst die restlichen Kredite bedient und dann kommt erst das Nachrangdarlehen zum Zuge. Der Kreditgeber lässt sich dieses Risiko durch einen Zinsaufschlag bezahlen. Wenn Banken jedoch bei einer hohen Finanzierung Zinsaufschläge auf das Gesamtdarlehen berechnen, kann evtl. ein separates Nachrangdarlehen mit höheren Zinssätzen eine bessere Alternative sein. Aber nur, wenn dadurch bei der Hauptfinanzierung die Zinsaufschläge wegfallen. Dem Kreditnehmer ist in diesen Fällen zu empfehlen, das Nachrangdarlehen mit hohen Zinsen bevorzugt zu tilgen.
Wenn Sie zu mehreren Banken gehen und dort hinsichtlich einer Finanzierung mit geringem Eigenkapital vorsprechen, erhalten Sie eventuell Finanzierungsabsagen. Jede Bank wird im Kreditgespräch eine Schufa-Anfrage durchführen. Mit jeder Kreditabsage schwinden Ihre Chancen auf die Kreditvergabe. Besser ist es, bei einer Finanzierung mit geringem Eigenkapital, im Vorfeld Ihre Optionen und die Machbarkeit der Finanzierung durch einen professionellen Berater prüfen zu lassen.
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