Annuität & Tilgung einfach erklärt (inkl. 7 Tipps)
Das Annuitätendarlehen ist der Klassiker bei Immobilienfinanzierungen. Doch viele Wissen nicht, auf was man bei dieser Darlehensart achten muss, um bares Geld zu sparen. 7 Tipps, die jeder Darlehensnehmer kennen sollte.
Was ist ein Annuitätendarlehen?
Für eine Immobilienfinanzierung gibt es zahlreiche Darlehenstypen und Finanzierungsformen. Das Annuitätendarlehen ist jedoch die Standardlösung und wird von den Banken bei fast allen Finanzierungsvorschlägen mit angeboten. Umso erstaunlicher ist es, dass viele Bankkunden die Fallstricke bei diesem Produkt nicht genau kennen.
Bei einem Annuitätendarlehen wird während der gesamten Zinsbindungsfrist vom Kreditnehmer eine gleichbleibende Monatsrate, die sogenannte Annuität, für die Kreditrückzahlung bezahlt. Die Annuität setzt sich aus einem Zins- und Tilgungsanteil zusammen.
Wie funktioniert ein Annuitätendarlehen?
Während der Laufzeit verringert sich der Zinsanteil der Annuitätenzahlung, während der Tilgungsanteil durch den ersparten Zinsanteil steigt. Das ist auch logisch, denn von jeder Monatsannuität werden die Zinsen für die Bank abgezogen und der Rest wird für die Kreditrückführung verwendet. Die Kredithöhe wird somit jeden Monat kleiner und da der Monatszins immer auf die aktuelle Kreditsumme berechnet wird, sinkt jeden Monat die Zinshöhe und der Tilgungsanteil steigt.
Wie wird eine Annuität berechnet?
Wie das nachfolgende Beispiel zeigt, lässt sich die Höhe der Annuität ganz einfach berechnen.
Darlehenshöhe: 100.000 Euro
Zinsbindung: 10 Jahre
Sollzinssatz: 1 %
Anfänglicher Tilgungssatz: 2 %
Die Berechnung ist einfach: Darlehenssumme * Summe der Zinssätze in Dezimalschreibweise (= 100.000 x 0,03 = 3.000). Bei einer Darlehenssumme von 100.000 Euro ergibt sich in diesem Beispiel eine Jahresbelastung von 3.000 Euro und eine monatliche Annuitäten-Rate von 250 €.
Die Restschuld nach 10 Jahren würde bei diesen Darlehenskonditionen noch 78.975 Euro betragen. Die nachfolgende Tabelle zeigt, welchen Einfluss die Höhe der Annuität auf die Restschuld und die gesamten Zinskosten hat.
Darlehen: 100.000 Euro
Zinsbindung: 10 Jahre
Zinssatz: 1 Prozent
Tilgungssatz | Höhe der Annuität | Zinsen | Restschuld nach 10 Jahren |
---|---|---|---|
2 % | 250,00 Euro | 8.975 Euro | 78.975 Euro |
3 % | 333,33 Euro | 8.462 Euro | 68.462 Euro |
4 % | 416,67 Euro | 7.950 Euro | 57.950 Euro |
6 % | 583,33 Euro | 6.925 Euro | 36.925 Euro |
9,51 % | 876,04 Euro | 5.124 Euro | 0 Euro |
Man sieht anhand dieser Tabelle sehr deutlich, dass der Tilgungssatz über die Höhe der Darlehensrate, die Gesamtlaufzeit des Darlehens und die Zinskosten entscheidet.
Tipp 1: Hohe Rückzahlungsrate wählen
Wählen Sie nach Möglichkeit eine hohe Annuität. Je höher die monatliche Rückzahlung ausfällt, umso weniger Zinskosten fallen an.
Tipp 2: Hohe Restschulden beim Zinsablauf vermeiden
Eine hohe Annuität senkt die Restschuld beim Ablauf der Zinsbindung und damit das Zinsänderungsrisiko. Denn wenn beim Zinsablauf das Darlehen noch nicht zurückbezahlt ist, müssen Sie eine neue Zinsvereinbarung zu den dann gültigen Zinskonditionen treffen.
Falls die Zinsen zum Ablaufdatum der Zinsbindung gestiegen sind, sitzen Kreditnehmer in der Schuldenfalle, falls Sie sich die höhere Belastung nicht mehr leisten können.
Wie kann ich ein Zinsänderungsrisiko vermeiden?
Wird eine Baufinanzierung innerhalb der Zinsbindung komplett zurück bezahlt, entsteht kein Zinsänderungsrisiko. Diese Rückzahlungsvariante wird als Volltilger-Annuitätendarlehen bezeichnet.
Welche Vorteile bietet ein Volltilgerdarlehen?
Die Vorteile liegen klar auf der Hand: Durch die schnelle Rückzahlung fallen geringere Zinskosten an und es gibt kein Zinsänderungsrisiko zum Ablauf der Zinsbindung.
Es gibt aber noch einen weiteren Vorteil: Bei einem Volltilgerdarlehen bekommt die Bank das Geld sehr schnell zurück und kann damit wieder arbeiten und Geld verdienen. Zudem sinkt das Risiko der Bank - denn wenn die Bank das Geld schneller im Hause hat, sinkt auch das Risiko einen Kreditausfall zu erleiden.
Diese beiden Vorteile führen dazu, dass Volltilgerdarlehen von Banken mit Zinsrabatten ausgereicht werden. Häufig sind die Konditionen je nach Zinsniveau um bis zu 0,20 % - 0,25 % günstiger als bei einem "normalen" Annuitäten-Darlehen.
Tipp 3: Volltilgerdarlehen prüfen
Wer sich ein Volltilgerdarlehen leisten kann, sollte diese Variante prüfen und den Zinsbonus einstreichen. Der wird aber nicht immer automatisch von den Banken vergeben. Deshalb im ersten Schritt die beste Kondition für ein Annuitäten-Darlehen verhandeln und dann nochmals eine Konditionsverbesserung durch ein Volltilgerdarlehen angehen.
Kann ich bei einem bestehenden Darlehen die Monatsrate senken?
Während der vereinbarten Zinsbindung kann in der Regel die monatliche Annuität nicht reduziert werden. Das ist nur möglich, falls Sie beim Vertragsabschluss eine Option zum Tilgungswechsel vereinbart haben. Im Kreditvertrag sollte eine Klausel stehen, die so oder so ähnlich lautet: Während der Vertragslaufzeit kann der Darlehensnehmer die Tilgung 3 mal zwischen 5 % und 2 % anpassen.
Tipp 4: Vereinbaren Sie eine Option zum Tilgungswechsel
Eine Option zum Ändern der Tilgungsleistung müssen Sie vor dem Vertragsabschluss verhandeln. Die Klausel erlaubt Ihnen während der Zinsbindungsfrist die monatliche Annuität entsprechend der Vereinbarung anzupassen. Eine wichtige Option, falls eine Ratenanpassung durch veränderte Lebensumstände notwendig wird und Sie deshalb die Rate erhöhen oder senken möchten.
Was ist ein Tilgungsaussetzungsdarlehen (TA-Darlehen) oder Festdarlehen?
Eine Kreditvariante ohne Tilgungsleistung (Tilgungsaussetzungs-Darlehen oder Festdarlehen) - es werden also nur die Zinsen bezahlt und die Darlehenshöhe verändert sich nicht - ist nicht unüblich. Im Kreditvertrag wird eine Rückzahlung zu einem späteren Zeitpunkt durch ein sogenanntes Tilgungssurrogat (z.B. fällige Geldanlage, Ablauf einer Lebensversicherung, Bausparvertrag) vereinbart.
Tilgungsaussetzungsdarlehen mit einem Bausparvertrag
Diese Darlehensvariante verbindet ein Bankdarlehen (TA-Darlehen) mit einem Bausparvertrag in gleicher Höhe. Es werden zwei Verträge abgeschlossen: ein Darlehens- und ein Bausparvertrag. Beim Bankdarlehen werden nur die Zinsen bezahlt und der übliche Tilgungsanteil wird als Sparbetrag in den Bausparvertrag einbezahlt.
Ab einer bestimmten Ansparsumme, meist 40 oder 50 % der Bausparsumme, wird der Bausparvertrag zugeteilt. Konkret: Das Bausparguthaben wird ausbezahlt und die Differenz zur Bausparsumme wird als Bausparkredit von der Bausparkasse vergeben. Das Bausparguthaben und der Bausparkredit werden zur Rückzahlung des Bankdarlehen verwendet. Jetzt wird mit einer monatlichen Annuität der Bausparkredit zurückbezahlt
Kompliziert & teuer: Der wirtschaftliche Nachteil für die Kunden liegt auf der Hand - volle Zinszahlung auf die Darlehenssumme und Mini-Sparzinsen für die Einzahlungen auf den Bausparvertrag. Stellt man diese Tilgungsaussetzungsdarlehen einem Annuitätendarlehen gegenüber, sieht man sehr schnell den wirtschaftlichen Nachteil. Häufig ist ein vergleichbares Annuitätendarlehen um einem vier- bis fünfstellige Eurobetrag günstiger.
Tipp 5: Bausparvertrag & Tilgungsaussetzungsdarlehen meiden
Meist wird diese Darlehensform von Banken in Verbindung mit dem Abschluss eines Bausparvertrages angeboten. Aber Achtung - diese Variante ist in den meisten Fällen nur für die Bank vorteilhaft. Die Bank kassiert bei dieser Kreditvariante höhere Zinsen und zusätzlich die Abschlussprovision aus dem Bausparvertrag. Ein vergleichbares Annuitätendarlehen ist in der Regel wesentlich günstiger.
Ist ein Recht zur Sondertilgung sinnvoll?
Für die meisten Kreditnehmer ist es sinnvoll, ein Sondertilgungsrecht im Kreditvertrag zu vereinbaren. Denn dieses Recht, z.B. Option zu einem jährlichen Sondertilgungsrecht von 5 % der Darlehenssumme, gibt Ihnen die Möglichkeit, jährlich einen frei wählbaren Rückzahlungsbetrag ohne Kosten auf das Darlehenskonto einzuzahlen.
Sondertilgung senken sofort die Höhe der Restschuld und damit den Zinsanteil einer Annuität. Dies führt dazu, dass der monatliche Tilgungsanteil steigt und die Rückzahlung des Darlehens schneller vonstatten geht. Sie sparen Zinskosten und entschulden sich schneller.
Tipp 6: Sondertilgungsrecht ohne Zinsaufschlag vereinbaren
Versuchen Sie ein Sondertilgungsrecht von mindestens 5 % der Darlehenssumme im Kreditvertrag zu vereinbaren.
Gesamt-Tilgungspläne mit realistischen Vorgaben berechnen lassen
Fast alle Banken händigen Tilgungspläne aus, erstellen aber Berechnungen die keine unterschiedlichen Szenarien (Zinsveränderungen zum Ablauf der Zinsbindung, Auswirkungen von Sondertilgungen, Best-/Worst-Case-Annahmen etc.) enthalten. So wird zum Beispiel beim Ablauf der Zinsbindung fast immer mit dem gleichen Zinssatz weitergerechnet. Das kann die Gesamtkosten und die monatliche Belastung gerade in einer Niedrigzinsphase "schön rechnen" und eventuell Zinsänderungsrisiken werden dadurch verschleiern.
Dabei ist es für Kunden extrem wichtig, die Auswirkungen von bestimmten Annahmen oder Marktveränderungen zu kennen. Nur so werden Schwächen und Stärken von Finanzierungsmodellen sichtbar. Ich erstelle meinen Kunden immer diverse Finanzierungsmodelle mit individuellen Vorgaben und diversen Szenarien.
Tipp 7: Tilgungspläne mit verschiedenen Szenarien fordern
Lassen Sie sich nicht mit Standard-Tilgungsplänen abspeisen oder täuschen. Fordern Sie Modellberechnungen mit ihren Vorgaben und Best- bzw. Worst-Case-Szenarien.
Eine Darlehensoptimierung hängt vielfach mit der Gestaltung der Rückzahlung bzw. Wahl der Darlehensform zusammen. Kreditnehmer die wissen, wie sich die Optimierung der Parameter Annuität & Tilgung auf die Darlehenslaufzeit und Zinskosten auswirken können, werden eine clevere und sichere Rückzahlungsrate (Annuität) vereinbaren und die richtigen Darlehensvereinbarungen treffen. Wenn mir meine Mandanten Darlehensangebote von Banken vorlegen, kann ich sehr häufig allein durch Veränderungen der Darlehensbausteine und/oder Optimierung der Annuität die Zinskosten enorm senken.
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