Baufinanzierung: Wie Sie Fehlberatungen vermeiden?
Stiftung Warentest hat erneut einen Praxistest durchgeführt und von 146 Bankfilialen Kreditangebote eingeholt. Das Ergebnis ist fatal: nur 2 Banken konnten die Tester überzeugen. Teilweise waren die Beratungen katastrophal. Die Testkunden wurden oft schlecht beraten und hätten sich bei der Umsetzung der Finanzierung hohe Risiken eingefangen. Der Zinsunterschied in den ersten 15 Jahren lag bei über 30.000 Euro zwischen dem günstigsten und dem schlechtesten Anbieter. Die Ergebnisse können Sie im Heft Finanztest 7/2012 unter dem Artikel "Selten gut beraten" nachlesen.
Eigentlich eine einfache Finanzierungsaufgabe
Stiftung Warentest stelle den Beratern folgende Aufgabe:
- Ehepaar mit einem Nettoeinkommen von 3.820 €
- Berufstätig und keine Kinder
- Kauf einer Eigentumswohnung für 260.000 €
- 84.000 € Eigenkapital
- Exposé über die Eigentumswohnung wurde an den Berater ausgehändigt
- Aufstellung über das Eigenkapital und Einnahmen bzw. Ausgaben lag vor
- Maximale Monatsbelastung 1.380 €
Die Testkunden, ein Ehepaar besuchten 146 Filialen und führten Beratungsgespräche.
Die Aufgabenstellung (fast 30 % Eigenkapital, gutes Einkommen, vernünftige Monatsbelastung) kann man unter die Kategorie "einfache und machbare Finanzierung" einstufen. Doch viele Berater und Banken waren selbst mit diesem einfachen Fall überfordert.
Selten gut beraten
Stiftung Warentest schreibt: "Auf den Bankberater können sich Immobilienkäufer häufig nicht verlassen". Folgende Punkte wurden den Banken und Bankberatern insgesamt angekreidet:
- Teilweise chaotische Terminplanung und überforderte Berater
- Zu hohe oder zu niedrige Kreditraten
- Zu geringe oder zu hohe Kreditsumme
- Kein Hinweis auf die Förderung von Wohn-Riester
- Lückenhafte Finanzierungspläne
- Überteuerte Kreditangebote
- Kreditbausteine wurden nicht auf den Bedarfs des Kunden ausgerichtet
- Kein detaillierter Finanzierungsplan
- Risiken höherer Zinsen bei der Zinsänderung wurde unterschlagen
- Schlechte Allgemeininformationen
- Irreführende Effektivzinsangaben
- Unnötig kompliziertes Finanzierungskonzept
- keine Berechnung der Tilgungspläne oder Gesamtbelastung; häufig wurde nur "Schmierzettel" ausgereicht
Von 21 Banken und Kreditvermittlern (Dr. Klein, Interhyp) haben nur zwei Banken eine gute Note erhalten.
Fehlberatung kostet Verbraucher sehr viel Geld
Allein die Empfehlung an die Testkunden ihre bestehende Bundesanleihen nicht als Eigenkapital einzusetzen, hätte zu einem Nachteil von 3.000 Euro geführt. Viel Geld und Ärger kann auch eine Finanzierungslücke oder falsche Finanzierungsbausteine verursachen.
Zinsunterscheide von rund 30.000 Euro
Der Zinsunterschied zwischen dem besten und dem schlechtesten Angebot betrug innerhalb der Zinsbindung von 15 Jahren rund 30.000 €. Da die Finanzierung nach 15 Jahren weiterläuft, wird sich der gesamte Zinsschaden nochmals erhöhen. Denn beim schlechtesten Angebot sind die Restschulden nach dem Zinsablauf höher und je nach Zinslage muss auf dem hohen Darlehensbetrag erneut der Bankzins bezahlt werden.
Zu hohe Kreditraten, schlechte Ratschläge, dürftige Informationen und teure Kredite – im Praxistest zur Baufinanzierung stellte die Stiftung Warentest bei vielen der 21 getesteten Banken und Kreditvermittlern erhebliche Mängel fest. Nur die Frankfurter Volksbank und die Sparda Baden-Württemberg überzeugten mit guter Beratung und zugleich günstigen Kreditangeboten. Die Ostsächsische Sparkasse Dresden, die Postbank und die Hypovereinsbank fielen dagegen mit "mangelhaft" durch.
So vermeiden Sie Fehlberatungen
Stiftung Warentest stellt fest: "Wenn es um die Finanzierung geht, sind Sie bei Ihrer Bank oft nicht besodners gut aufgehoben". Damit Sie Fehlberatungen vermeiden sollten Sie folgende Punkte beachten:
Eigenkapital:
Listen Sie das gesamte Eigenkapital auf und stellen Sie fest, welche Mittel verfügbar sind und welche Gelder Sie für die Finanzierung einsetzen können.
Gesamtkosten:
Alle Kauf-/Baukosten mit allen Nebenkosten ermitteln. Dabei die Kosten für Renovierung- bzw. Modernisierung nicht vergessen. Denken Sie bitte auch an die laufenden Bewirtschaftungs- und eventuell Instandhaltungskosten.
Budget:
Ermitteln Sie ihre laufenden Einnahmen und Ausgaben. Machen Sie einen Kassensturz und stellen Sie fest, welchen Betrag Sie für die Kreditrate und Bewirtschaftung monatlich aufbringen können. Kreditcoaching fordert zusätzlich die Angabe der Wunschbelastung und maximalen Belastung pro Monat.
Sondertilgung:
Können Sie Sondertilgungen – evtl. aus unregelmäßigen Einnahmen – leisten? Prüfen Sie die tatsächlichen Sondertilgungsmöglichkeiten.
Finanzierungsplan:
Lassen Sie sich immer einen Finanzierungsplan erstellen, der alle Finanzierungsbausteine zusammen fasst und die Restschuldentwicklung, die Monatsbelastung, Zinsänderungsrisiken, Gesamtbelastung und den Vergleichszins für die gesamte Finanzierung ausweist.
Eigenkapital:
Listen Sie das gesamte Eigenkapital auf und stellen Sie fest, welche Mittel verfügbar sind und welche Gelder Sie für die Finanzierung einsetzen können.
Folgende wesentliche Punkte sind immer zu prüfen:
- Fördermittel (KfW, Riester und öffentliche Fördermittel)
- Restschulden nach Zinsablauf und Zinsänderungsrisiken
- Flexibilität durch Sondertilgungen
- Risiko nach Ablauf der Zinsbindung
- Nachfinanzierungsbeearf
- Kontoführung (Baukonto)
- Bereitstellungsfreie Monate / Bereitstellungszinsen
- Nichtabnahmegebühren
- Höhe der Bauzeitzinsen (Doppelbelastung)
- Teilauszahlungszuschlag
- Steuerliche Situation der Wohn-Förderkonten
- Zuteilung Bausparer
- Tilgungsfreie Anlaufjahre KfW
- Wann liegt die Genehmigung (Zusage) und die Darlehensverträge vor
Fazit:
Bei einer Immobilienfinanzierung geht es um sehr viel Geld. Beratungsfehler oder die Wahl der falschen Finanzierungsbausteine führen zu hohen Risiken und hohen Mehrkosten. Lassen Sie sich unabhängig und professionell beraten. Die wenigsten Banken überzeugen mit guten Angeboten und professioneller Beratung.
Infografik: Von Banken selten gut beraten!
Infografik: "Stiftung Warentest: Von Banken selten gut beraten"
Sie dürfen diese Infografik gerne auf Ihrer Webseite bzw. in Ihren Publikationen verwenden.
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